Fettsucht, medizinisch als Adipositas bezeichnet, ist eine chronische Erkrankung, die durch übermäßige Ansammlung von Körperfett charakterisiert ist. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Adipositas als einen BMI von 30 kg/m² oder höher. Diese Erkrankung geht weit über kosmetische Aspekte hinaus und stellt einen bedeutsamen Risikofaktor für verschiedene Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmte Krebsarten dar. Adipositas wird heute als eigenständige Krankheit anerkannt.
Der Body-Mass-Index (BMI) dient als Standardmaß zur Klassifikation des Körpergewichts. Die medizinische Einteilung erfolgt in verschiedene Grade: Normalgewicht liegt bei einem BMI von 18,5-24,9 kg/m², Übergewicht bei 25-29,9 kg/m². Adipositas Grad I umfasst einen BMI von 30-34,9 kg/m², Grad II 35-39,9 kg/m² und Grad III (extreme Adipositas) ab 40 kg/m². Diese Klassifikation hilft Ärzten bei der Risikobewertung und Therapieplanung für betroffene Patienten.
Während Übergewicht einen BMI zwischen 25-29,9 kg/m² bezeichnet, beginnt Adipositas ab einem BMI von 30 kg/m². Der entscheidende Unterschied liegt im Gesundheitsrisiko: Übergewicht kann bereits gesundheitliche Probleme verursachen, bei Adipositas steigt das Risiko für Folgeerkrankungen jedoch erheblich an. Zudem erfordert Adipositas meist eine intensivere medizinische Betreuung und strukturierte Therapieansätze im Vergleich zu leichtem Übergewicht.
In Deutschland sind etwa 25% der Erwachsenen von Adipositas betroffen, mit steigender Tendenz. Besonders alarmierend ist die Entwicklung bei Kindern und Jugendlichen, wo die Prävalenz in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Männer und Frauen sind nahezu gleich häufig betroffen, wobei die Häufigkeit mit dem Alter zunimmt und sozioökonomische Faktoren eine wichtige Rolle spielen.
Die genetische Veranlagung spielt eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Adipositas. Studien zeigen, dass etwa 40-70% des Körpergewichts durch genetische Faktoren beeinflusst werden. Verschiedene Gene regulieren den Stoffwechsel, das Sättigungsgefühl und die Fettverteilung im Körper. Ein verlangsamter Grundumsatz oder Störungen im Hormonhaushalt können die Gewichtszunahme begünstigen, auch wenn die Kalorienzufuhr nicht übermäßig erhöht ist.
Moderne Ernährungsgewohnheiten tragen wesentlich zur Entstehung von Adipositas bei. Eine energiereiche Ernährung mit hohem Anteil an verarbeiteten Lebensmitteln, Zucker und gesättigten Fetten führt zu einem Kalorienüberschuss. Gleichzeitig hat körperliche Aktivität in unserer Gesellschaft abgenommen. Folgende Faktoren begünstigen die Gewichtszunahme:
Verschiedene hormonelle Erkrankungen können zu Gewichtszunahme führen, darunter Schilddrüsenunterfunktion, Cushing-Syndrom oder polyzystisches Ovarsyndrom (PCOS). Bestimmte Medikamente wie Antidepressiva, Kortison oder Antidiabetika können als Nebenwirkung eine Gewichtszunahme verursachen. Diese medizinischen Ursachen sollten bei der Diagnostik und Therapieplanung berücksichtigt werden, da sie spezielle Behandlungsansätze erfordern können.
Chronischer Stress führt zur vermehrten Ausschüttung von Cortisol, was die Fetteinlagerung besonders im Bauchbereich fördert. Psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Essstörungen können ebenfalls zur Gewichtszunahme beitragen. Emotionales Essen als Bewältigungsstrategie für Stress, Trauer oder Langeweile verstärkt oft das Problem und kann zu einem Teufelskreis führen.
Adipositas belastet das Herz-Kreislauf-System erheblich und erhöht das Risiko für schwerwiegende Erkrankungen. Übergewicht führt zu erhöhtem Blutdruck, da das Herz mehr Kraft aufwenden muss, um das größere Körpervolumen mit Blut zu versorgen. Dies kann langfristig zu Herzinsuffizienz, Herzinfarkten und Schlaganfällen führen. Zusätzlich begünstigt Fettsucht die Entstehung von Arteriosklerose, bei der sich Ablagerungen in den Blutgefäßen bilden und diese verengen.
Eine der häufigsten Folgeerkrankungen von Adipositas ist Diabetes mellitus Typ 2. Überschüssiges Fettgewebe, insbesondere im Bauchbereich, führt zu einer Insulinresistenz der Körperzellen. Dadurch kann der Blutzuckerspiegel nicht mehr ausreichend reguliert werden. In Deutschland leiden etwa 90% aller Diabetiker an Typ-2-Diabetes, wobei Übergewicht der wichtigste Risikofaktor darstellt. Eine frühzeitige Gewichtsreduktion kann die Entwicklung von Diabetes verhindern oder hinauszögern.
Das zusätzliche Körpergewicht belastet die tragenden Gelenke, insbesondere Knie, Hüfte und Wirbelsäule. Dies führt zu vorzeitigem Verschleiß und Arthrose. Gleichzeitig kann Fettgewebe im Hals- und Rachenbereich zu Schlafapnoe führen, bei der es zu nächtlichen Atemaussetzern kommt. Diese Störung beeinträchtigt nicht nur die Schlafqualität, sondern erhöht auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Tagesmüdigkeit.
Fettsucht hat oft weitreichende psychische und soziale Folgen. Betroffene leiden häufig unter vermindertem Selbstwertgefühl, Depressionen und sozialer Isolation. Gesellschaftliche Stigmatisierung und Diskriminierung verstärken diese Probleme zusätzlich. Dies kann zu einem Teufelskreis führen, in dem emotionales Essen als Bewältigungsstrategie eingesetzt wird, was wiederum zu weiterer Gewichtszunahme führt.
In Deutschland sind verschiedene verschreibungspflichtige Medikamente zur Behandlung von Adipositas verfügbar. Orlistat hemmt die Fettaufnahme im Darm und reduziert so die Kalorienaufnahme um etwa 30%. Liraglutid, ursprünglich zur Diabetesbehandlung entwickelt, wirkt als GLP-1-Rezeptoragonist und reduziert das Hungergefühl. Diese Medikamente werden nur bei einem BMI über 30 kg/m² oder über 27 kg/m² mit Begleiterkrankungen verschrieben und müssen von einem Arzt überwacht werden.
Neben verschreibungspflichtigen Medikamenten gibt es in deutschen Apotheken verschiedene rezeptfreie Präparate zur Gewichtsreduktion. Dazu gehören Quellstoffe, Fettbinder und pflanzliche Extrakte. Orlistat ist in niedriger Dosierung (60 mg) auch rezeptfrei erhältlich. Diese Präparate können eine Diät und Bewegung unterstützen, ersetzen jedoch keine grundlegende Lebensstiländerung.
Die verfügbaren Medikamente gegen Fettsucht wirken über unterschiedliche Mechanismen:
Alle Medikamente zur Gewichtsreduktion können Nebenwirkungen verursachen. Orlistat führt häufig zu Verdauungsproblemen wie Durchfall und Fettstühlen, besonders bei fettreicher Ernährung. Liraglutid kann Übelkeit, Erbrechen und in seltenen Fällen Pankreatitis verursachen. Kontraindikationen umfassen Schwangerschaft, Stillzeit und bestimmte Vorerkrankungen. Eine ärztliche Beratung ist daher vor der Anwendung unbedingt erforderlich, um Risiken zu minimieren und die optimale Therapie zu finden.
Die Behandlung von Fettsucht erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der verschiedene Therapiemethoden miteinander kombiniert. Je nach Schweregrad der Erkrankung und individuellen Bedürfnissen kommen unterschiedliche Behandlungsstrategien zum Einsatz.
Eine nachhaltige Gewichtsreduktion beginnt mit einer grundlegenden Veränderung der Ernährungsgewohnheiten. Professionelle Ernährungsberatung hilft dabei, einen individuell angepassten Speiseplan zu entwickeln, der eine ausgewogene Nährstoffversorgung bei reduzierter Kalorienzufuhr gewährleistet. Wichtig ist hierbei, extreme Diäten zu vermeiden und stattdessen auf eine langfristige Umstellung der Essgewohnheiten zu setzen.
Regelmäßige körperliche Aktivität ist ein wesentlicher Baustein in der Adipositas-Therapie. Das Bewegungsprogramm sollte schrittweise aufgebaut und an die körperliche Verfassung des Patienten angepasst werden. Bereits moderate Aktivitäten wie Spazierengehen, Schwimmen oder Radfahren können den Stoffwechsel ankurbeln und zur Gewichtsreduktion beitragen.
Da Fettsucht oft mit psychischen Faktoren verbunden ist, spielt die verhaltenstherapeutische Betreuung eine zentrale Rolle. Therapeuten helfen dabei, problematische Essverhalten zu erkennen und zu verändern, mit Stress umzugehen und ein gesundes Körperbewusstsein zu entwickeln. Gruppentherapien können zusätzliche Motivation und Unterstützung bieten.
Bei schwerer Adipositas mit einem BMI über 40 oder bei Vorliegen von Begleiterkrankungen können bariatrische Operationen eine Option darstellen. Diese Eingriffe, wie Magenbypass oder Schlauchmagen, werden nur nach sorgfältiger Prüfung und umfassender Aufklärung durchgeführt. Eine lebenslange Nachbetreuung ist essentiell für den langfristigen Erfolg.
Nachhaltige Erfolge in der Behandlung von Fettsucht hängen maßgeblich von präventiven Maßnahmen und einer kontinuierlichen Betreuung ab. Die Vorbeugung sollte bereits früh beginnen und das gesamte soziale Umfeld einbeziehen.
Die Prävention von Adipositas beginnt idealerweise im Kindesalter, da sich hier die Grundlagen für lebenslange Gewohnheiten bilden. Eltern, Schulen und Kindergärten spielen eine wichtige Rolle bei der Vermittlung gesunder Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt helfen dabei, eine Gewichtszunahme frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.
Eine professionelle Ernährungsberatung ist sowohl in der Behandlung als auch in der Prävention von zentraler Bedeutung. Dabei geht es nicht nur um die Vermittlung von Fachwissen, sondern auch um die praktische Umsetzung im Alltag. Folgende Aspekte sind besonders wichtig:
Regelmäßige Kontrollen sind entscheidend für den langfristigen Therapieerfolg. Neben der Gewichtskontrolle sollten auch Laborwerte, Blutdruck und andere Gesundheitsparameter überwacht werden. Eine strukturierte Nachsorge hilft dabei, Rückfälle zu vermeiden und bei Problemen frühzeitig zu intervenieren. Moderne Technologien wie Apps oder Wearables können die Selbstkontrolle unterstützen.
Der Erfolg einer Adipositas-Behandlung hängt stark von der Unterstützung des sozialen Umfelds ab. Familie, Freunde und Kollegen können durch ihr Verständnis und ihre Unterstützung maßgeblich zum Therapieerfolg beitragen. Gemeinsame Aktivitäten, gesunde Mahlzeiten im Familienkreis und emotionale Unterstützung schaffen ein förderliches Umfeld für nachhaltige Veränderungen. Selbsthilfegruppen bieten zusätzlich die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und gegenseitig zu motivieren.